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Im afghanischen Friedensprozess stockt es, sowohl zwischen den radikalislamischen Taliban und den USA, als auch zwischen Taliban und der Regierung in Kabul. Und weiter sterben Zivilisten.


Datum: 29.01.2021
Autor: Ahmad Wali Achakzai
Quelle: DW.COM/DE

Der neue Außenminister der USA, Antony Blinken, hat am Mittwoch vor der Presse mitgeteilt, dass er den amerikanischen Sondergesandten für Afghanistan, Zalmai Khalilzad, gebeten habe, seine Mission fortzusetzen. Khalilzad hatte den Weg für ein Abkommen zwischen den USA und den Taliban geebnet, das am 29. Februar 2020 unterzeichnet wurde.

Die Vereinigten Staaten sagten darin für Mitte 2021 den Abzug all ihrer Soldaten aus Afghanistan zu - unter bestimmten Voraussetzungen. Dazu gehört, dass die Taliban nicht zulassen, dass das Terrornetzwerk Al Kaida und andere Terrororganisationen Afghanistan erneut als Rückzugsort nutzen. Außerdem stehen die Taliban im Wort, dass Angriffe auf afghanische Regierungstruppen abnehmen.

Bereits vor der Vereidigung des US-Präsident Joe Biden am 19. Januar hatte Blinken als designierter Außenminister signalisiert, dass er das mit den Taliban unterzeichnete Abkommen neu evaluieren möchte. Dies bekräftigte Ende vergangener Woche auch Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan nach Gesprächen mit seinem afghanischen Amtskollegen Hamdullah Mohib, wie die Nachrichtenagentur AFP meldete.

Misstrauen zwischen Taliban und Washington
Die neue Regierung in Washington wolle insbesondere überprüfen, ob die Taliban "ihre Versprechen umsetzen und ihre Beziehungen zu Terrorgruppen beenden" und ob sie "die Gewalt in Afghanistan reduzieren und mit der afghanischen Regierung und anderen gesellschaftlichen Gruppen sinnvolle Verhandlungen führen."

Unterdessen kritisierte der Chef des politischen Büros der Taliban in Katar, Mullah Baradar, bei seinem Besuch im Iran die USA. Die Vereinigten Staaten hielten sich nicht an das in Doha getroffenen Friedensabkommen vom Februar 2020, behauptete der Taliban-Vertreter. "Wir trauen den USA nicht und werden jede Gruppe bekämpfen, die Söldnerdienste für die USA leistet", drohte Baradar.

Stockende Gespräche zwischen Kabul und Taliban
Die afghanische Regierung, welche von Anfang an das US-Taliban-Abkommen kritisiert hatte, begrüßte die Ankündigung der USA, das Abkommen auf den Prüfstand zu stellen. Denn die Gespräche zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung um Präsident Ashraf Ghani, die als Bestandteil der Übereinkunft zwischen Washington und den Taliban gelten, kommen nicht voran.

Die afghanische Regierung hat zwar wie vereinbart rund 5500 Taliban-Kämpfer freigelassen und damit eine Bedingung der Taliban für direkte Gespräche erfüllt. Doch die Verhandlungen, die am 12. September 2020 in der afghanischen Hauptstadt Kabul begannen, wurden Mitte Dezember 2020 ohne Ergebnisse unterbrochen. Im Januar 2021 wurden zwei Treffen einberufen, von denen nicht mehr bekannt wurde, als dass sie "in freundlicher Atmosphäre" stattfanden.

Der Kabuler Politologe Mahmud Marhun sagte der DW, dass beide Seiten abwarteten, welche Richtung die Afghanistan-Politik der neuen US-Regierung nimmt. Die Entscheidung, den Sondergesandten Khalilzad auf seinem Posten zu belassen, sei zumindest ein Hinweis für Kontinuität.

Unüberbrückbare Differenzen?
Kenner des Landes halten Fortschritte zwischen den Taliban und den Politikern in Kabul für äußerst schwierig. So sagte Zaman Stanizai, Dozent für Politikwissenschaften an der California State University, der DW: "Bezüglich ihrer politischen und gesellschaftlichen Wertvorstellungen haben beide Gruppen große ideologische Differenzen. Die Taliban wollen im Namen des Islam eine religiöse Diktatur errichten, in welcher das weltliche Recht dem religiösen untergeordnet ist."

Davon abgesehen handele es sich nicht um Friedensgespräche, sondern um Gespräche über einen Waffenstillstand und die Aufteilung der Macht zwischen verfeindeten Gruppen, so Stanizai weiter. Keinesfalls gehe es um die Eingliederung der Taliban als Partei innerhalb eines von allen akzeptierten staatlichen und gesellschaftlichen Systems.

Auch Mahmud Marhun, Politologe in Kabul, sieht kaum Kompatibilität zwischen beiden Seiten, denn die Taliban lehnten Anpassungen der Verfassung in Bezug auf Frauenrechte und ihre demokratische Teilhabe strikt ab.

Die afghanische Menschenrechtskommission (AHRC) veröffentlichte am Mittwoch einen Bericht über die Zahl der zivilen Opfer im Land. Demnach sind im Jahr 2020 knapp 3000 Zivilisten bei Kampfhandlungen und Attentaten getötet und rund 5500 verletzt worden.

Vermehrt nahmen die Extremisten Journalisten, mittlere Regierungsbeamte und Menschenrechtsaktivisten ins Visier. Insbesondere der Angriff auf eine Geburtenstation im Mai 2020 hatte das Land geschockt. Etwas über die Hälfte der zivilen Opfer geht laut AHRC auf das Konto der Taliban, die sich nun wieder an der Regierung in Kabul beteiligen wollen.


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